“Das Tun der Hände eines Menschen kehrt zu ihm zurück”

Lohnt es sich, sich gut zu verhalten? Oder muss man nicht eher ein Schwein sein, um nach oben zu kommen? Oder funktioniert das Leben mal so, mal so? Kann man sich z.B. als Chef oder Kunde mehr herausnehmen als ein Mitarbeiter oder Lieferant?

Salomo bezieht hier klar Position:

Von der Frucht seines Mundes kann man sich satt essen an Gutem, und das Tun der Hände eines Menschen kehrt zu ihm zurück.” (Sprüche 12,14)

Salomo macht keinen Unterschied. Für ihn gilt grundsätzlich die Regel “Du erntest, was du säst”. Das ist Mahnung und Ermutigung zugleich!

Ich stelle Ihnen hierzu zwei Geschichten vor. Zunächst ein Negativbeispiel aus dem Buch “Managen nach dem Gallup-Prinzip” von Curt Coffman / Gabriel Gonzalez-Molina (Seite 174). Darin berichtet ein Geschäftsreisender:

“Ich bin Stammgast bei allen großen Hotelketten und für mich zählt nur eins, nämlich einen Nachlass herauszuschlagen. Sobald ich mein Zimmer betrete, suche ich etwas, das nicht funktioniert oder fehlt. Ich beschwere mich über den Service. Auf diese Weise bekomme ich meist einen Nachlass auf den Zimmerpreis. Mittlerweile kennen mich viele Angestellte an den Rezeptionen der Hotels – und versuchen mir aus dem Weg zu gehen.”

Also selbst wer am (angeblich!) längeren Hebel sitzt, muss die Konsequenzen für schlechtes Verhalten tragen! In diesem Fall ist Nicht-Beachtung durch die Hotel-Angestellten noch ein kleines Übel. Die Autoren fragen zu Recht “Lohnt es sich, solche Kunden zu binden?” und überschreiben folgerichtig den nächsten Abschnitt mit der Überschrift “Geben Sie schlechten Kunden den Laufpass”. Da hat es sich bald ausgemeckert!

Nun das zweite Beispiel aus dem Buch “Die Kunst ein freundlicher Mensch zu sein” von Stefan Einhorn, Hamburg 2007. In der Einleitung (S. 11-14) erzählt der Autor, Chefarzt an der Stockholmer Universitätsklinik, folgende Geschichte:

Eine Patientin war in der Nacht zuvor zuhause verstorben. Der diensthabende Arzt hatte die Angehörigen aufgefordert, den Chefarzt (also den Autor) anzuzeigen. Dessen Fehler: Er hatte nicht darauf bestanden, dass die Patientin die Nacht über in der Klinik blieb, sondern ihrem Wunsch nachgegeben, bei ihrem Sohn zu übernachten. Er rief daraufhin den Sohn an, machte sich auf einen Ausbruch von Beschuldigungen gefasst – und war erstaunt, als der Sohn sagte: “Wie schön, dass Sie anrufen. Ich möchte Ihnen dafür danken, wie Sie sich um meine Mutter gekümmert haben.” Lassen wir nun den Autor weiter erzählen:

“Dann berichtete ich, dass man mich wegen der Art und Weise, wie ich mit seiner Mutter verfahren war, angegriffen hatte. Zu meinem Erstaunen antwortete er: ‘Aber so war es doch gar nicht. Sie haben darauf bestanden, sie dazubehalten, aber sie hat sich geweigert. Das ist meine feste Überzeugung, und wenn man Sie anzeigen sollte, dann werde ich zu Ihren Gunsten aussagen’ [...] und dann sagte er: ‘Es gibt noch etwas, das Sie wissen sollen. Mama hat gesagt, dass sie den diensthabenden Arzt nicht mochte, dass Sie aber sehr freundlich zu ihr gewesen seien. Deshalb werde ich nichts unternehmen, was Ihnen schaden könnte.’ Nach dem Gespräch saß ich eine Weile mit dem Hörer in der Hand da und dachte über seine Worte nach. Ich hatte mich keineswegs falsch an das Gespräch mit seiner Mutter erinnert. Der Sohn wusste, dass ich nicht auf einer stationären Aufnahme bestanden hatte. Er hatte sich dafür entschieden, mich zu schützen. Ich wurde nicht angezeigt – der Oberarzt war der Ansicht, mir seien keine formellen Fehler unterlaufen; vielmehr wäre es Sache des diensthabenden Arztes gewesen, einen Herzspezialisten heranzuziehen, um die Patientin zu untersuchen. Hätten mich die Angehörigen angezeigt, wäre ich gezwungen gewesen, den ganzen zermürbenden Papierkrieg mit der Sozialverwaltung und viele Monate der Ungewissheit durchzustehen. Das alles war mir erspart geblieben, weil man mich als freundlichen Menschen wahrgenommen hatte.”

Mit Salomos Worten: Von der Frucht seines freundlichen Mundes konnte sich der Chefarzt satt essen an Gutem!

Keine Regel ohne Ausnahme
Gilt das Prinzip “Saat-Ernte” ohne Ausnahme? Nein, natürlich nicht! Bevor ich hier umständlich argumentiere, ein drittes und letztes Zitat, entnommen aus dem Buch “Aufbruch zum Leben” von Bill Hybels, Asslar 1999:

“Doch die Sprichwörter wurden nicht als leere Versprechungen oder starre Lebensregeln geschrieben. In der Einleitung zum Buch der Sprichwörter in der Student Bible steht: “Jeder Mensch, der auch nur ein wenig Verstand besitzt, kann Ausnahmen zu den in den Sprichwörtern dokumentierten Regeln nennen. Zum Beispiel wird in den Sprichwörtern, Kapitel 28, Vers 19 behauptet: ‘Wer seine Felder bestellt, hat viel zu essen; wer sich mit windigen Geschäften abgibt, hat viel zu hungern.’ Doch hart arbeitende Bauern geraten bei einer Trockenheit in Not und Träumer gewinnen 10 Millionen im Lotto. Die Sprichwörter berichten einfach davon, wie das Leben meistens läuft. Über die Ausnahmen kann man sich Gedanken machen, wenn man die Regel kennt. Versuche, dich nach den Ausnahmen zu richten, und es führt gewöhnlich zu einer Katastrophe. Die Regel ist, dass der Gottesfürchtige, der Anständige, der Fleißige und der Weise vielfältigen Lohn erhalten werden.”

Kommentare (3)

  1. Lohnt es sich, sich gut zu verhalten? Oder muss man nicht eher ein Schwein sein, um nach oben zu kommen? Oder funktioniert das Leben mal so, mal so?
    Ich finde es erhellend, zu hören, dass die Sprichwörter davon berichten, “wie das Leben meistens läuft”. Ausnahmen bestätigen die Regel. Tatsächlich sollte man nicht nur meistens diese Regeln einzuhalten versuchen (“mal so, mal so”), sondern in jedem Falle. So ist meines Erachtens der Ehrliche NICHT der Dumme. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit mag manch einem manchmal vielleicht komisch vorkommen, aber man wird auch eher als zuverlässig und vertrauenswürdig wahrgenommen als andere. Darum ist es absolut erstrebenswert, ein gottesfürchtiger, anständiger, fleißiger und weiser Mensch zu werden.
    Viele Grüße Alexander