Der Weise regt sich nicht über Papiertüten auf

Meine Bäckersfrau verkauft mir samstags nicht nur viele Brötchen, sondern gibt mir immer kostenlos kleine Papiertüten dazu. Damit transportiere ich Tag für Tag die einzelnen Brötchen zur Arbeit.

Letzten Samstag war sie jedoch nicht da. Die Stellvertreterin wusste von nichts. Auf meine Frage nach den tollen kleinen Tüten meinte sie, dass sie mir die nicht geben könne. Was ist das denn? Mir, dem besten Stammkunden aller Zeiten, wird eine berechtigte Bitte abgeschlagen? Ich wurde tatsächlich etwas sauer und wollte gerade lospoltern: “Wissen Sie, wie viele Brötchen ich hier schon gekauft habe? (usw.usw.)” Das würde dem ersten Teil des folgenden Salomo-Spruches entsprechen:

“Seinen ganzen Unmut läßt der Dummkopf herausfahren, aber der Weise beschwichtigt ihn zuletzt.”

Moment: Soll ich wirklich für so ein paar Papiertüten den Unweisen markieren? Okay, kurz mal bis drei zählen. Die Guteste kennt ja gar nicht den Deal. Ich erklärte ihr also freundlich die Abmachung. So richtig überzeugen konnte ich sie leider nicht. Aber erstens waren wir beide okay miteinander (zwei, drei Tage später traf ich sie erneut), und zweitens gab es ein halbes Happy-End: nicht wie sonst 7-10 Tüten (Angaben ohne Gewähr), sondern 2. Immerhin!

PS vom 14. Juli 2010: Heute war ich wieder da. Dieselbe Frau. Und ein neuer Rekord: 18 Papiertüten.

Kommentare (1)

  1. Hallo Herr Lengen, Ihre Alltagsgeschichte lässt mich schmunzeln. Zum einen gefällt mir die gesetzte Aussage in einem sehr alltäglichen Kontext, aber die “Gier” auf diese schönen Papiertüten finde ich amüsant. Im Sinne des Umweltschutz wünsche ich Ihnen einen Freund, der Ihnen eine Tupperbox zum Geburtstag schenkt, die das abholzen des Regenwalds zumindest um eine Papiertüte pro Tag verlangsamt :-))